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Warum wir Bargeld nicht abschaffen

Wenigstens einmal jährlich taucht in den Medien die große Diskussion zum Thema Bargeld auf. Spätestens dann, wenn eine neue Statistik den (weiteren) Rückgang von Bargeldtransaktionen im Handel aufzeigt. Wieso schaffen wir Bargeld also nicht einfach ab?

von Maik Klotz, 26.04.2023
4 Min

Mit Blick auf den POS in einem beliebigen Laden gibt es vier große Interessengruppen. Da sind die Händler:innen, die einfach nur Umsatz machen wollen. Die Kundschaft, die eine Tüte Brötchen, einen Kaffee, den Wochenendeinkauf oder ein leckeres Essen bezahlen will. Und dann im Hintergrund zwei Markteilnehmer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Unternehmen, die hervorragend an allen Tätigkeiten rund um das Bargeld verdienen. Das sind die Hersteller von Kassenladen, Zählmaschinen und Werttransportunternehmen. Ihnen gegenüber die Firmen, die Bargeld gar nicht mögen. Terminalhersteller, Zahlungsabwickler und am Ende natürlich die Herausgeber von Karten. 

Beide Lager werden nicht müde, die Überlegenheit des jeweils anderen Wegs darzustellen. Interessanterweise bemühen sie mehr oder weniger die gleichen Argumente. Bargeldabwicklung sei teuer. Der Handel sollte lieber mal nachrechnen, was eine Kartentransaktion kostet. Kartenzahlung ginge viel schneller. Stimmt nicht, Bargeld ist schon in der Kasse, während die Kundschaft noch nach der Karte sucht. 

Und so geht es immer weiter.

Fakt: Bargeld wird weniger genutzt

Das hören natürlich alle Anhänger von Mobile Payment und Kartenfans nicht gern. Auch nach den letzten Statistiken von Bundesbank und Handelsverbänden ist Bargeld das am häufigsten genutzte Zahlungsmittel in Deutschland. Jedenfalls, was die Zahl der Transaktionen betrifft. Geht es um den Umsatz, dann beträgt der Anteil allerdings „nur“ noch rund ein Drittel. 

Über die Jahre zeigt sich tatsächlich eine stetige Abnahme der Vorlieben der Kund:innen. Es gibt eine eindeutige Tendenz weg vom Bargeld. Aber dieser Prozess ist das, was sich am besten als schleichend bezeichnen lässt.

Noch einmal zurück zur Statistik. Niemand muss ein Mathematikgenie sein, um die Schlussfolgerung anzustellen, dass offenbar mit Bargeld eher kleinere Beträge, davon aber viele, beglichen werden. Bei größeren Summen greift die Kundschaft also zur Karte.

Soziale Netze sind voller Postings von Fotos, die Anhänger bargeldloser Methoden als Aufreger ins Netz stellen. „Wieso kann ich beim Bäcker nicht auch mit Karte bezahlen?“ „Wieso Kartenzahlung erst ab 10 Euro? Soll der doch besser kalkulieren!“

Es ist den Nutzer:innen also bewusst, dass die Händler:innen einen prozentualen Teil des Betrags abgegeben müssen, gerade weil eine Karte oder Smartphone genutzt wurde. Der Appell, „besser zu kalkulieren“, also diesen Anteil doch einfach auf die Preise aufzuschlagen, klingt ja nachvollziehbar. Entbehrt aber nicht einer gewissen Arroganz und Unkenntnis. Denn oft akzeptieren gerade solche Geschäfte keine Kartenzahlung, die in Segmenten unterwegs sind, in denen die Handelsmarge ohnehin gering ist. Oder die Preistoleranz der Kundschaft hoch ist. 

Gründe gegen die Abschaffung des Bargelds

Also warum nicht einfach das Bargeld abschaffen und den Handel verpflichten, nur noch Karten oder mobile Payment zu akzeptieren?

1. Ökonomische Risiken

Wer sich intensiver mit dem Thema beschäftigt, wird spätestens jetzt Schweden ins Spiel bringen. Ein Land auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft. Vordergründig. Denn nur, weil mit Bargeld nicht mehr bezahlt werden kann, ist es damit nicht verschwunden. Und das ist volkswirtschaftlich auch gut. Denn die Zentralbanken übernehmen mit der Geldmengensteuerung eine wichtige Aufgabe in Hinblick auf die Stabilität einer Währung und Inflation. Und das ist nur ein Teilaspekt. Ökonomen sehen da noch eine Reihe weiterer Probleme.

2. Bargeld funktioniert immer

Seit einem Jahr tobt mitten in Europa ein Krieg. Und die Medien zeigen nur die darstellbare Dimension. Denn längst findet Krieg auch in den globalen Netzen statt. Ein Aggressor müsste in einer bargeldlosen Gesellschaft nur gezielt die Zahlungsinfrastruktur erfolgreich angreifen und lahmlegen – das Chaos wäre da.

Die zur Abwicklung der Transaktionen am POS aufgestellten Netze sind technisch ebenfalls nicht unfehlbar. Und ob nun ein Softwarefehler oder ein Stromausfall schuld daran hat, dass die Terminals nicht funktionieren, spielt keine Rolle. Solange die Menschen noch eine Alternative haben. Und die ist dann eben das Bargeld. 

Es hat Gründe, dass die Ämter für Katastrophenschutz in Deutschland und Österreich die Bevölkerung dazu auffordern, einen Vorrat an Bargeld im Hause zu behalten.

3. Bargeld ist Teilhabe 

Das Bezahlen mit Karte oder Smartphone scheint keine besonders anspruchsvolle Sache zu sein. 

So der Umgang mit Geld denn der Person leichtfällt. Sie von Banken und Kreditkartengesellschaften hofiert wird, Karten zu nutzen. Und keine körperliche oder kognitive Einschränkungen hat. 

Dazu zählen eben nicht alle Menschen. Und die Verbraucherzentralen empfehlen Personen, die besonders sparsam leben müssen, aus gutem Grund, Kartenzahlungen zu meiden und stattdessen ihr Budget in Form von Bargeld direkt vor Augen zu haben. 

4. Bargeld schafft Anonymität

Es ist schon fast ironisch, dass es Menschen gibt, die alles Mögliche unternehmen, um Tracker in ihren Browsern oder Apps auf dem Smartphone aufzuspüren und diese abzuschalten. Aber im Laden dann bedenkenlos zur Kartenzahlung greifen.

Denn Zahlungen mit Bargeld sind anonym (wenn nicht gerade ein Auto damit bezahlt werden soll, also die Grenze zur Identitätsfeststellung überschreitet). Beim Kassensturz im Laden kann niemand mehr feststellen, was jemand mit diesem Geld gekauft hat. Bargeld ist also auch eine Art von Schutz gegenüber der Vision der gläsernen Konsument:innen.

Schließlich sollte ein Aspekt vielleicht nicht ganz unerwähnt gelassen werden. Gerade weil es im reinsten Wortsinn zu begreifen ist, vermittelt Bargeld unseren Kindern eine Vorstellung von sonst abstrakten Begriffen wie „Geld“ und vom Wert des Geldes. Das Taschengeld bar auszuzahlen – ist immer noch eine gute Idee.

Kurzum: Wir werden Bargeld so schnell nicht abschaffen – und sollten es vielleicht auch besser nicht. Für alle bargeldlosen Zahlverfahren bieten wir von Paymenttools übrigens die passende Lösung!

Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche porträtiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Co-Founder von Payment & Banking.

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