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Paymenttools, mehr als ein Payment Service Provider. Ein Interview mit dem Führungs-Team

In diesem Interview verraten unsere beiden Geschäftsführer, warum wir mehr sind als nur ein Zahlungsdienstleister und wie wir Payments neu denken wollen.

von Maik Klotz, 18.01.2022
7 Min

Payment Service Provider gibt es viele, doch wenn mit der REWE Group ein international tätiger Handelskonzern den Payment-Markt betritt, darf man hellhörig werden. Im Interview geben die beiden Geschäftsführer Jens Kohnen und Salah Zayakh Einblick in das 2021 gegründete Start-up Paymenttools und erzählen, wie es zu der Idee kam und wohin die Reise gehen wird.

Jens Kohnen ist studierter BWLer, hat aber schnell den langweiligen Pfad der Theorie verlassen und die komplette Journey durch die Payment-Welt durchzogen. Jens hat viele Jahre in der Unternehmensberatung gearbeitet und dort großen Corporates wie zB Banken dabei geholfen, Zahlungsverkehr besser zu verstehen und vor allem zu gestalten, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und vor allem das Thema Payment auf- und auszubauen. Er hat in den letzten Jahren viele Ausgründungen und Neuformierungen vorangetrieben und führt jetzt zusammen mit Salah die Geschicke von Paymenttools. Jens ist begeisterter Mountainbiker.

Salah Zayakh ist studierter Mathematiker und Informatiker mit einem großen Herzen für Strategie, Technologie und Unternehmertum. Er hat die Fähigkeiten der REWE digital mit dem Know-how aus dem Finanzbereich der REWE Group kombiniert und daraus Anfang 2021 die Paymenttools als neues Start-up motiviert und gegründet. Davor war er für Unternehmen aus verschiedenen Branchen und in verschiedenen Rollen unterwegs, um Strategien, Organisationen und digitale Produkte zu entwickeln - einschließlich E-Discovery, E-Commerce, Fulfillment und Big Data Plattformen. In seiner Freizeit findet man ihn auf Segelbooten und für eine Partie Schach ist er immer zu haben.

Im letzten Jahr wurde Paymenttools, als eine Tochter der REWE Group, gegründet. Wie kam es zu der Idee?

Salah: Unter Druck entstehen Diamanten und gute Ideen unter extremen Bedingungen. So auch die Idee von Paymenttools. Auf hoher See, unter widrigsten Bedingungen, sozusagen im Tosen des Sturms wurden die Grundsteine für Paymenttools gelegt. Vielleicht war es auch im Hafen bei leichtem Seegang und das Wetter viel besser, aber der Rest stimmt.

Auf einem Segelausflug mit Kollegen im Oktober 2019 in der Flensburger Förde zwischen Deutschland und Dänemark haben wir mit einem 50 Fuß (ca. 15 m) langen Boot an einer Regatta teilgenommen. Wir waren mehrere Experten aus verschiedenen Disziplinen auf engem Raum, die sich gegenseitig inspirierten, Payment in der REWE Group neu zu denken.

Ähnliche Ideen reiften in der REWE Group schon länger und nach der Regatta haben wir dann im Jahr 2020 das Thema in einem kleinen hoch motivierten Team freiwilliger Mitstreiter strategisch neu bewertet und konkretisiert.

Es gibt drei Perspektiven, die für Paymenttools als neues Start-up sprechen.

  • Expertise: Seit 2012 wickeln wir am POS bargeldlose Bezahlvorgängen im eigenen Netzbetrieb und auf eigenen Systemen ab. Auch haben wir als REWE Group in den letzten Jahren mit z. B. fulfillmenttools oder commercetools erfolgreich neue Unternehmen gegründet, sodass wir inzwischen eine solide Start-up-Kultur in der Group etabliert haben.

  • Ecosystem: Die REWE Group operiert mit 15.000 Märkten in 22 europäischen Ländern in vielen unterschiedlichen Branchen und pflegt ein sehr enges Verhältnis zu seinen Kunden und Kundinnen. Mit einem weltweit gigantischem Partnernetzwerk hat die REWE Group ein großes Ecosystem, in dem allein in Deutschland 2020 über eine Milliarde Transaktionen abgewickelt wurden.

  • Marktreife: Aufgrund unserer hohen Kundenkontaktfrequenz wissen wir sehr genau um das Verhalten unserer Kunden und Kundinnen — nicht nur beim Bezahlvorgang. Mit gutem Gewissen können wir sagen, dass wir den Payment-Markt nicht nur gut kennen, sondern heute schon aktiv mitgestalten. Bargeldlose Zahlungen werden weiter zunehmen, sodass jetzt ist der richtige Zeitpunkt ist, um den nächsten logischen strategischen Schritt zu machen.

Salah Zayakh von Paymenttools: "Wir haben die Chance, Payment aus der Händlerperspektive neu zu denken"

Kombiniert man diese drei Perspektiven, Expertise, Ecosystem und Marktreife, dann wird ersichtlich, warum wir Paymenttools gegründet haben. Wir haben die Chance, Payment aus der Händlerperspektive neu zu denken und dabei unsere Endkund:innen im Fokus zu halten. Dass wir schon im ersten Jahr sowohl interne als auch externe neue Händler für Paymenttools gewinnen konnten, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

In welchem Segment ist Paymenttools unterwegs und was hat Paymenttools genau vor?

Jens: Der Name „Paymenttools“ lässt es erahnen und die Branche, in der wir uns bewegen, ist die des Zahlungsverkehrs. Unser Ziel ist es, mit Paymenttools unseren Kunden einen One-Stop-Shop Payment-Service anzubieten. Angefangen beim Netzbetrieb und modernen Zahlungsterminals im stationären Geschäft über digitale Bezahllösungen für den E-Commerce wollen wir die gesamten Facetten des Zahlungsverkehrs bedienen. Wir glauben, dass sich hier in den kommenden Jahren die Customer Experience und die Art und Weise, wie Kunden bezahlen können, noch sehr stark weiterentwickeln wird und an diesen Entwicklungen wollen wir einen aktiven Beitrag leisten. Dazu arbeiten wir gemeinsam mit unseren Kunden und auch den Kolleg:innen der REWE Group an einer neuen Payment-Lösung, einem Payment Operating System, welches als Dreh- und Angelpunkt für Händler dienen soll. 

Wir glauben nicht an Grenzen, sondern sind davon überzeugt, dass der Zahlungsverkehr in allen Kanälen, stationär am POS oder online im E-Commerce seamless funktionieren muss. Unser Omnichannel-Ansatz ermöglicht es, dass Transaktionen aus allen Kanälen über nur eine Zahlungsplattform abgewickelt werden können. Das erlaubt uns, alle bestehenden und künftigen Geschäftsmodelle bestmöglich zu bedienen und darüber hinaus die Kosten für Transaktionen, aber auch die technische Integration optimal zu gestalten.

Jens Kohnen über die Zukunft im Payment: "davon überzeugt, dass der Zahlungsverkehr in allen Kanälen funktionieren muss"

Zusammengefasst würde ich sagen, dass wir uns als Technologieunternehmen “for all things payment” sehen und mit unserem Payment Operating System allen gängigen Paymentmethoden für alle Kanäle vereinen. Das ist für uns aber nicht das Ende der Fahnenstange, sondern das sind nur die Basics. Spannend sind für uns Themen wie die Entwicklungen rund um Kryptowährungen oder die Frage, wie wir Customer Insights nutzen können, um den Zahlungsverkehr für unsere Kunden nutzenstiftend weiterzuentwickeln. Kurzum, es mangelt nicht an Ideen!

Yet another Payment Service Provider? Warum braucht die Branche Paymenttools?

Jens: Als ich von Salah zum ersten Mal von der Idee gehört habe, habe ich mir dieselbe Frage gestellt. Wozu braucht es einen weiteren Payment Provider? Der Markt ist schon seit vielen Jahren gut besetzt und abgesehen davon zurzeit heiß umkämpft. Es wird viel Kapital in den Markt gepumpt, junge Start-ups versuchen den Markt aufzurollen, bekannte Payment-Player formieren sich neu. Kurzum: ein sportliches Unterfangen.

Aber wenn man einen Blick hinter die Kulissen wirft, macht das schon ganz viel Sinn: Mit unserer Muttergesellschaft REWE Group erleben wir selbst hautnah, wo bestehende Paymentlösungen für den Handel gut funktionieren und wo nicht. Nehmen wir beispielsweise den Lieferservice oder so etwas wie Quick-Commerce (Flink, 10 Minuten Delivery in der Stadt per App): Hier gibt es derzeit nur Lösungen, die aus der E-Commerce Welt kommen, obwohl hier face-to-face Ware ausgetauscht wird. Gleiches gilt für neue Ansätze wie Self-checkout oder kassenlose Märkte. Ich glaube, die ganze Payment-Branche unterzieht sich gerade einem starken Wandel und birgt deshalb ein enormes Innovationspotenzial. 

Also mehr als nur Payments. Was unterscheidet Paymenttools am Ende von den anderen?

Salah: In erster Linie unsere DNA. Wir kennen die Bedürfnisse des Handels sowie der Touristik und pflegen eine tiefe Verbundenheit zu unseren Kunden und Kundinnen. Wie oft besucht man seine Bank? Wie oft schließt man eine Versicherung ab? Wie oft kauft man ein neues Auto? Gegessen wird hingegen mehrmals am Tag und unsere Kunden besuchen die Märkte unserer Gruppe täglich. Allein im Jahr 2021 haben wir eine Milliarde Kundenkontakte gezählt. Das ist im Zahlungsverkehr in der Ausprägung beispielhaft. Als Netzbetreiber sind wir im Markt nicht erst seit gestern unterwegs. Unsere Plattform ist zeitgemäß: Cloud-native, Microservice-basiert und API-first. Unsere Netzwerkorganisation lebt nach den Maximen Technology-first, Product-driven und vor allem Customer-centric.

Jens: Ich kann dem nur zustimmen. Wir denken Payment sehr stark aus der Händlersicht. Als Genossenschaft mit vielen unterschiedlichen Handelsmodellen haben wir die Erfahrung aus dem Lebensmitteleinzelhandel, wo viele Kunden sehr regelmäßig zu uns kommen. In der Touristik stellen sich für uns wieder andere Geschäftsmodelle und aus der Vielzahl an Innovationen erleben wir sehr hautnah, welche Anforderungen hier an Payment gestellt werden. Diese Herausforderungen sind unser primärer Antrieb. Ein letzter Satz dazu: Wenn wir über den Handel sprechen, meinen wir den E-Commerce gleichermaßen.

Welchen besonderen Herausforderungen musstet ihr euch bisher stellen?

Salah: Die richtigen Talente für unseren Bereich zu finden, stellt eine große Herausforderung dar. Das erklärt sich durch die schwierige Lage auf dem Arbeitnehmermarkt im Technologiebereich, verschärft durch die Pandemie. Auch ist unsere junge Marke „Paymenttools“ auf dem Markt noch wenig bekannt. Zudem ist der Wechsel von Vorort- zu Remote-Arbeit für uns immer noch herausfordernd. Wir begegnen all diesen Herausforderungen, in dem wir die Menschen stets an erste Stelle setzen und alles geben, um Kunden, Mitarbeiter sowie Partner in jedem Fall zufriedenzustellen.

Jens: Wir sind als Start-up noch nicht allzu bekannt, und wenn man uns kennt, dann verortet man uns eher als interner Zahlungsdienstleister im REWE Konzern. Hier haben wir es allerdings schaffen können, innerhalb der vergangenen Monate viel Vertrauen aufzubauen und die ersten externen Kunden zu gewinnen. Das gilt es natürlich für uns zu bestätigen.

Das Jahr 2021 ist rum. Was nehmt ihr Positives, vielleicht auch nicht so Positives mit ins neue Jahr? Was steht für 2022 auf der Agenda?

Jens: Wir sind als neues Start-up innerhalb des letzten Jahres um fast 50 Mitarbeiter:innen gewachsen sind und das weitestgehend unter Pandemiebedingungen. Klar, die Pandemie erleichtert die Zusammenarbeit nicht, aber insgesamt sind wir zufrieden mit unserer Entwicklung als Firma und mit unseren Produkten. Insgesamt versuchen wir die durch die Pandemie getriebenen Arbeitsmodelle als Chance zu sehen, denn wir glauben, dass es auch zukünftig notwendig sein wird, neue Mitstreiter dezentral einzusetzen. Das hat rückblickend auf das vergangene Jahr schon recht gut funktioniert und wir sind guter Dinge, den Weg auch im kommenden Jahr fortzusetzen.

Salah: Ein Unternehmen zu gründen ist hart. Während einer Pandemie noch härter. Aber wie ich schon eingangs sagte: Unter Druck entstehen Diamanten. Für das Jahr 2022 haben wir uns viel vorgenommen. Wir ergänzen unser hervorragendes Team um weitere Experten und entwickeln unsere Prozesse weiter. Wir werden mit einem ausgezeichneten Produkt und einem exzellenten Service unsere Partner und Kunden zufriedenstellen und dadurch unsere Reputation am Markt ausbauen. Wir wollen die Entwicklungen digitaler, kontaktloser Zahlverfahren, sei es mit Karte, Smartphone oder Wearables, unabhängig des Kanals vorantreiben. 

Wenn Menschen ans Bezahlen denken, assoziieren sie damit oft einen komplizierten Vorgang: endlose Warteschlangen, nervige Kleingeldsuche, ellenlange Kreditkartennummern oder Adressen eintippen, oder sich das hundertste sichere Passwort ausdenken. Und natürlich die klassische Frage am Ende: "Haben Sie eine Bonuskarte?" Diesen Stress wollen wir unseren Endkund:innen ersparen, nach dem Motto: “We want to remove the pain from paying”.

Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche porträtiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Co-Founder von Payment & Banking.

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