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Mobile Payment am POS: Das sollten Händler:innen beachten

Kontaktloses und mobiles Bezahlen im Store liegen im Trend, wie die jüngsten Zahlen des EHI erneut bewiesen haben. „Mobile Payment“ ist allerdings so vielschichtig, dass es für Händler:innen nicht leicht ist, da den Durchblick zu behalten.

von Patrick Hupperich, 19.06.2022
5 Min

Direkt an der Kasse das Smartphone oder die Smartwatch zücken und bezahlen: Das wird (insbesondere in jüngeren Kundensegmenten) immer mehr zum Alltag. Genau wie beim Bezahlen im Onlineshop stehen Händler:innen hier so viele Möglichkeiten offen, dass es schon eine Herausforderung sein kann, sich hier für ein System zu entscheiden, das optimal zur eigenen Strategie passt und den Zahlungsmix am POS sinnvoll ergänzt.

So wird die Zahlung technisch getriggert

Rein technisch muss das Gerät der Kund:innen die Kassensoftware über die anstehende Transaktion informieren. Beim mobilen Bezahlen kommen anbieterabhängig zwei Verfahren zum Einsatz:

  • NFC (Near Field Communication): Ähnlich wie bei Bluetooth verständigt sich das Kassenterminal mit Handy oder Smartwatch über ein Funksignal für besonders kurze Distanzen.

  • QR- oder Barcode: Auf dem Bildschirm des Smartphones wird ein QR- oder Barcode dargestellt, der vom Scanner der Kasse gelesen werden muss. Es gibt auch den umgekehrten Weg: Das Terminal zeigt selbst einen Code ein, den die Kund:innen scannen müssen.

Die größte Flexibilität haben die Händler:innen, deren Equipment NFC unterstützt und die Terminals einsetzen, deren Scanner (Kamera) auch Bilder vom Display eines Smartphones aufnehmen kann respektive im Bildschirm des Terminals Codes anzeigt.

Auch mit dem QR Code kann man bezahlen

Wallet oder App?

Um die eigentliche Zahlung kümmern sich auf den Smartphones der Kund:innen die passenden Apps. Hier gibt es eine große Vielfalt, die sich grob in folgende Kategorien aufteilen lässt:

  • Digitale Geldbörsen (Wallets) wie Apple Pay, Google Pay und PayPal

  • Banken-Apps der Banken und Sparkassen

  • Closed-Loop-Systeme

  • Open-Loop-Systeme

  • Händler-Apps

Schließlich sind neben diesen (mehr oder weniger etablierten) Systemen auch eher exotische Anwendungen verfügbar, die sich an ganz bestimmte Kundensegmente richten. Dazu gleich noch mehr.

Bei den Wallets hinterlegen die Kund:innen eine Debit- oder Kreditkarte, über die die Transaktion abgerechnet wird. Um die Zahlung zu autorisieren, müssen die Nutzerinnen das Smartphone via PIN, Passwort oder Biometrie freischalten. Apple, Google und Samsung nutzen NFC, Paypal verwendet dagegen QR-Codes. Paypal unterscheidet sich aus Händler:innen-Sicht auch dadurch, dass hier ein separater Akzeptanzvertrag mit dem Unternehmen geschlossen werden muss. Um Apple oder Google Pay einzusetzen, muss lediglich ein Akzeptanzvertrag für Kartenzahlungen bestehen. Eine separate Vereinbarung mit Apple oder Google ist nicht nötig.

Ähnlich einfach ist auch die Nutzung von Banking-Apps. Besitzt der Händler ein Terminal, das kontaktlose Zahlungen mit der Girocard ermöglicht, ist auch die Nutzung der Banking-Apps möglich.

Schließlich gibt es noch Systeme, die sich am besten über den Anwendungsfall unterscheiden lassen. Payback Pay ist ein typischer Vertreter für ein „Closed-Loop-System“. Die Kunden können damit nur bei diesen Händler:innen bezahlen, die sich am Bonussystem von Payback beteiligen. Und auch nur mit der Payback-App. Bei der Bezahlung sammeln die Kund:innen zugleich Punkte für den Einkauf respektive lösen diese ein.

Bluecode (das ebenfalls mit QR-Codes operiert) ist ein Vertreter eines „Open-Loop-Systems“. Die Kundschaft zahlt via Bluecode-App überall dort, wo ein entsprechender Akzeptanzvertrag geschlossen ist. Zudem lässt sich Bluecode auch mittels Plug-ins in eigene Infrastrukturen integrieren.

Schließlich setzen (gerade im Lebensmitteleinzelhandel besonders häufig) einige Handelsunternehmen auf das Bezahlen direkt in der eigenen App. Das kann aus mehreren Gründen attraktiv sein.

Die eigene Händler-App bieten Zusatznutzen

Nirgendwo ist der Wettbewerb zwischen Händler:innen so groß wie auf dem Smartphone des Kunden. Mit ihrer App begeben sich Händler:innen in Konkurrenz zu unzähligen anderen Apps, die ebenfalls um den limitierten Speicherplatz und die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen konkurrieren.

Die Erweiterung um eine Bezahlfunktion kann eine konsequente Weiterentwicklung sein. Denn sie bietet das Potenzial, die App als "Einkaufsbegleiter" in der stationären Customer Journey zu positionieren um das Einkaufserlebnis zu verbessern und die Nutzungsquote zu erhöhen. Beides ist wichtig, damit sich der von den Händler:innen gewünschte Nutzen einer App einstellt: Convenience durch schnelle und einfache Bezahlprozesse für die Kund:innen, Reduktion der Kassendurchlaufzeit für die Händler:innen, Kundenbindung, Personalisierung von Angeboten und Stärkung der eigenen Marke.

Unternehmen, die noch gar keine eigene App besitzen, sollten sich zumindest im Vorfeld fragen, ob die eigene Marke und Reputation so groß ist, dass sich die Kund:innen überhaupt für die Installation entscheiden. Zudem muss ein Set an Funktionen entwickelt werden, das attraktiv genug ist, damit die Kunden auch regelmäßig die App verwenden. Payment kann dazu beitragen – allein genügt das aber nicht.

Immer mehr Händler vertrauen auf eine App

Die „Exoten“ erschließen neue Kundenschichten

Mit AliPay und WeChat Pay sind zwei Paymentanbieter aus China respektive dem asiatischen Raum auch verstärkt in Europa aktiv. Da es für Europäer nahezu unmöglich ist, bei einem der beiden Anbieter ein Benutzerkonto zu eröffnen, deckt die Akzeptanz der Verfahren den Kundenkreis von chinesischen Touristen oder Expatriates ab, die somit am POS mit ihren gewohnten Bezahlverfahren einkaufen können.

Vorteile bei Mobile Payment

Für Händlerinnen bieten sich durch den Einsatz von Mobile Payment am POS einige Vorteile:

  • Größere Vielfalt an Zahlungsarten: Das Unternehmen ist flexibel, und wie die Erfahrungen aus dem E-Commerce zeigen, wünschen sich die Kund:innen ein breites Angebot an Zahlungsarten.

  • Erschließung neuer Kundengruppen: Das Beispiel der beiden „Exoten“ zeigt, wie mit nur einem Hebel völlig neue Kundengruppen erschlossen werden können. Auch die anderen Verfahren adressieren jüngere und technisch affine Kundensegmente.

  • Hygiene: Der „Run“ auf kontaktlose Verfahren in den vergangenen zwei Jahren hat viel mit der Pandemie zu tun. Das Bewusstsein der Kundschaft für Hygiene am POS ist gestiegen.

  • Kanalübergreifendes Bezahlen: Apple Pay oder Google Pay sind auch im E-Commerce etabliert. Die Akzeptanz dieser Verfahren am POS erleichtert kanalübergreifende Strategien und Fragen wie Rückgaben.

  • Schneller Kassiervorgang: Es entfällt die Eingabe von PIN oder das Leisten der Unterschrift.

  • Eigene Kundenbindungsprogramme: Im Falle der Nutzung einer eigenen App mit Bezahlfunktion erweitern sich die Möglichkeiten für Loyaltyprogramme.

Es gibt aber auch Nachteile: Was aus Sicht der Kund:innen unkompliziert ist, kann am POS zu Nachfragen und Frustration führen. Aus ihrer Sicht zahlen die Kund:innen mit Google oder Apple, aber der passende Sticker an der Kasse bedeutet nicht, dass die Zahlung auch immer durchgeführt werden kann. Denn dazu müssen die Händler:innen auch einen Akzeptanzvertrag für das hinterlegte Scheme besitzen. Hat der Kunde etwa seine Kreditkarte von American Express in der App hinterlegt, der Händler aber keinen Akzeptanzvertrag, kann dann nicht gezahlt werden.

Und dann sind noch die mit Mobile Payment verbundenen Kosten als Nachteil zu betrachten.

Alles auch eine Frage der Kosten

Kein Payment ohne Kosten – das gilt auch für das mobile Payment. Aus Sicht der Händler:innen sind dies:

  • Investitionen in die Infrastruktur: Dabei kann es sich um die Investitionen für die Anschaffung neuer Terminals für NFC oder eines Scanners für Barcodes oder QR-Codes handeln. Im Falle einer eigenen App fallen Aufwände für die Neuentwicklung oder die Erweiterung der bestehenden App an.

  • Bei allen Verfahren werden im Hintergrund Debit- und Kreditkarten genutzt. Für die Akzeptanz dieser Zahlungsarten werden Gebühren fällig.

Fazit: Mobile Payment ist eine attraktive Erweiterung des Zahlungsmix am POS. Für welche Verfahren sich die Händler:innen entscheiden, ist auch eine Frage des Budgets und der adressierten Kundengruppen. Unternehmen, die sich dafür interessieren, sind gut beraten, ein Erstgespräch mit Zahlungsexperten zu führen – also auch mit uns!

Patrick ist bei Paymenttools als Product Owner unterwegs. Er entwickelt kontinuierlich neue Ideen und Lösungswege, um Payment aus Händler- und Konsumentensicht zu verbessern.

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